Dienstag, 26. August 2025

Blumfeld (11)

Blumfeld, ein älterer Junggeselle, war verliebt. Hals über Kopf und bis über beide Ohren verliebt in den neuen jungen Bürogehilfen, der seit zwei Wochen im ganzen Haus die Amtspost in den verschieden Abteilungen verteilte. Ein hübscher Kerl, schlank, fast schmächtig, wohl noch unausgewachsen, etwas blass, aber rosig, dazu lockiges dunkles Haar, korrekt geschnitten, aber unmöglich zu scheiteln. Vor lauter Beflissenheit und Angst, einen Fehler zu machen, lächelte der Knabe nie, auch nicht, wenn Blumfeld sich bei ihm höflich für die überreichten Poststücke bedankte und dabei seinerseits lächelte, gerade so viel, dass es nach natürlicher Freundlichkeit und allenfalls dem sozusagen onkelhaftem Wohlwollen eines älteren Kollegen aussehen sollte, aber nicht so viel, dass irgendjemand hätte Verdacht schöpfen können. Dabei wäre Blumfeld bei diesen ihren einzigen Begegnungen immer danach gewesen, den Jüngling hemmungslos anzuschmachten. Das unterließ er tunlichst. Das kam nicht in Frage. Doch immerhin nahm Blumfeld sich vor, dass er, wenn der junge Mann erst völlig eingearbeitet und dann etwas entspannter sein werde, er, Blumfeld, bei der Postübergabe irgendwann einmal irgendeinen belanglosen Scherz machen werde. Er freute sich schon jetzt darauf, dann ein Lächeln zu sehen, vielleicht sogar ein kurzes Auflachen zu hören. Das Lächeln wäre bestimmt göttlich und das Lachen herzerfrischend. Ach ja. Immerhin hatte Blumfeld schon feststellen können, dass der herrliche Knabe braune Augen hatte. Rehäugiger Hermes, nannte er den Jüngling darum im Stillen. Tatsächlich war der junge Mann Blumfeld wie allen anderen Beamten zu Beginn seiner Tätigkeit vom einschulenden alten Bürogehilfen namentlich vorgestellt worden: Cibulka Anton. Für Blumfeld war das seither der schönste Name der Welt.

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