Blumfeld, ein älterer Junggeselle, nahm für den Weg zur Arbeit gerne den Zeppelin. Das schien ihm praktisch, etwas abenteuerlich und auf achtenswerte Weise modern. Unangenehm war nur das Ein- und Aussteigen, denn selbstverständlich konnte ein so großes Luftschiff in den engen und verwinkelten Gassen der altehrwürdigen Stadt nirgendwo landen. Man musste sich als angemeldeter Passagier also zur vorgegebenen Zeit an einer vorgegebenen Stelle auf einem Dach einfinden, eine Strickleiter wurde heruntergelassen, man kletterte sie hinauf und unter Mithilfe des Personals in die Kabine hinein. Das Aussteigen geschah dann ebenso, nur eben in umgekehrter Richtung. Das war im Grunde mit etwas Übung recht einfach, hatte aber einen Nachteil. Denn da er beim Klettern die Hände nicht frei hatte, musste Blumfeld den Ledergriff seiner Aktentasche mit den Zähnen halten. Das fand er unangenehm und etwas vulgär, denn leider war es nahezu unmöglich, dabei nicht zu sabbern und also den ledernen Griff nicht nass zu machen. Aber sobald Blumfeld dann sicher und komfortabel in der gemütlichen Kabine saß und den herrlichen Blick aus de großen Fenstern auf die Goldene Stadt genießen konnte ― bei Schlechtwetter flog der Zeppelin nicht ―, hatte er das kleine Ungemach bereits vergessen. Und wurde erst wieder daran erinnert, wenn er beim Aussteigen den Griff der Aktentasche erneut in den Mund nehmen musste. Schade fand Blumfeld aber vor allem, dass der Flug des Zeppelins oder vielmehr die Fahrt, wie man es richtig nannte, dass also die Fahrt immer nur so kurz war. Denn die Strecke zwischen dem Haus, in dem er wohne, und dem Gebäude, in dem er arbeitete, war nicht lang. Zu Fuß benötigte er rund eine halbe Stunde, mit dem Zeppelin waren es, Ein- und Ausstieg abgerechnet, nur wenige Minuten. Da Blumfeld seine Arbeitsstelle nicht wechseln mochte, hatte er schon erwogen, ans Ende der Stadt zu ziehen. Aber er scheute verständlicherweise den Aufwand, zumal es ihm ungewiss schien, ob es diese Luftschifffahrten überhaupt noch lange geben werde, denn die Königlich-böhmische privilegierte Zeppelin-Gesellschaft, so hatte es in der Zeitung gestanden, schrieb rote Zahlen. Zu hohe Kosten, zu wenig Fahrgäste. Blumfeld beließ es also vorderhand dabei, sich an jedem Arbeitstag mit schönem Wetter wenigstens ein paar Minuten höchst angenehm durch die Lüfte fahren zu lassen. Allerdings erwog er die Anschaffung eines Gurtes, um seine Aktentasche bei Bedarf auch auf dem Rücken tragen zu können.
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