Blumfeldt, ein älterer Junggeselle, hatte sich vor geraumer Zeit ein kleines, geheimes alchymistisches Laboratorium eingerichtet. Dabei war er recht raffiniert vorgegangen. Nachdem die Nachbarwohnung durch den Tod der alten Frau frei geworden war, hatte Blumfeldt dem Hauseigentümer kurzerhand den Vorschlag gemacht, beide Wohnungen zu kaufen. Herr Grubach war zunächst recht erstaunt gewesen, hatte dann aber nachgerechnet und den Vorschlag gern angenommen. Solche Zimmer-Küche-Kabinett-Wohnungen waren heutzutage nicht sehr begehrt, hatte sich Grubach gesahgt, schon weil sie keine Badezimmer hatten und nur ein Klosett am Gang für das ganze Stockwerk. Miete konnte man also nicht viel für sie verlangen. Darum lieber jetzt einen kleinen Batzen Geldes in die Hand bekommen als mickrige Einnahmen über Jahre. Woher dieser Blumfeldt, ein kleiner Beamter, eigentlich das Geld, konnte ihm, so Grubach, ja ganz gleichgültig sein. Vielleicht hatte er geerbt. Der Vertrag wurde jedenfalls dann sehr bald beim Notar unterschieben, die Kaufsumme rasch bezahlt, die Eintragung ins Grundbuch würde demnächst folgen, die Sache war somit in kürzester Frist erledigt. Für Blumfeldt begann sie da aber erst. Statt die beiden kleinen Wohnungen zusammenzulegen, wie Grubach vielleicht erwartet hatte, ließ er in der Nebenwohnung die Tür zum kleineren Zimmer entfernen, den Türstock herausreißen und die Lücke zumauern. Dann ließ er einen Tapezierer die Wand so verkleiden, dass niemand erraten konnte, dass da eine Tür gewesen war. Die neu entstandene Einzimmerwohnung würde er vermieten, hatte Blumfeld beschlossen, am besten an Studenten, die würden nie lange bleiben. Zum abgetrennten Kabinett ließ Blumfeld sodann von seiner Wohnung aus einen Durchbruch machen, eine Türstock und eine Tür einsetzen. Vor diese schob er später seinen Kleiderschrank, von dem er die Rückwand entfernt hatte. Auf diese Weise hatte er sich ein Zimmer mit geheimem Zugang verschafft. Die Handwerker hatte er aus Brünn kommen lassen, die würden nichts ausplaudern. und die Zugehfrau hatte, trotz all ihrer Neugier, keine Veranlassung, die Rückwand des Kleiderschranks zu untersuchen. Wichtig war, dass sie nie in die Nebenwohnung vordrang, vielleicht wäre sonst sie trotz ihrer Geistesschwäche, die Blumfeld sonst oft so lästig war, darauf gekommen, dass dort ein Zimmer fehlte. Dagegen wollte Blumfeld sich versichern, indem er nur an Medizinstudenten vermieten würde, vor deren anatomischen Tafeln, künstlichen Totenköpfen und in Formalin eingelegten Amphibien es dem dummen Weib gewiss grausen musste, so gern sie sich wohl auch dort in der Nebenwohnug mit ein wenig Putzen und Ausräumen bei einem jungen Herrn etwas dazu verdient hätte. Wie sich später erweisen sollte, ging Blumfelds Plan auf, zumal es ihm mehrfach gelang, an Studenten aus Siebenbürgen und Bosnien zu vermieten, und mit solchen bedenklichen Leuten wollte Frau Nechvatal als anständige Frau nichts zu tun haben; Rumänen, Bosniaken und weiß der Teufel was, wo kam man denn da hin! Blumfeld jedenfalls hatte sich durch die nicht sehr aufwändigen Baumaßnahmen und den Trick mit der Tür hinterm Schrank sein Geheimkabinett verschafft und stattete es nun zünftig aus: ein Athenor, ein Alembik, eine Serpentine, ein Pelikan, mehere Retorten und Kupellen und andere Gefäße gehörten dazu, weiters Mörser, Stößel, Zangen, einen Blasebalg usw. usf., nicht zu vergessen das Bücherregal, das eine kleine, aber beachtliche alchymistische Bibliothek aufnahm, dazu ein robuster Tisch und ein wuchtiger Lehnstuhl. Oben auf das Bücherregal stellte Blumenfeld einen ausgestopften Raben; das heißt, er hielt das Tier für einen Raben, tatsächlich war es zwar ein Rabenvogel, allerdings eine Dohle. Die Möbel und Bücher besaß er schon seit langem, die Geräte besorgte er nach und nach, oft bei kleinen Reise ins Ausland, um nur ja seine Spur zu verwischen. An die freien Wände hängte Blumfeld Stiche mit alchymistischen und theosophisch-mystischen Allegorien. Schließlich hatte er sein Laboratorium fürs Erste ganz passabel eingerichtet, wie er fand, und begann vorsichtig mit seinen ersten Experimenten. Dabei galt sein Interesse weder jetzt noch später dem Stein der Weisen und der Kunst des Goldmachens oder dem Elixier des Lebens oder irgendwelchen Panazeen und schon gar nicht dem Homunkulus, sondern er (Hier bricht das Manuskript ab. Anm. d. Hrsg.)
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